Am 10. Dezember ist der Menschenrechtstag. Dann jährt sich die Verkündung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte seitens der Vereinten Nationen.
Jene haben diese am 10. Dezember 1948 in Paris genehmigt. Von allen nicht materiellen Gütern der Welt sind die Menschenrechte das mit grossem Abstand wichtigste. Die Menschenrechte sind der Boden, der eine Demokratie trägt. Ohne Demokratie sind keine Menschenrechte wirksam. Und ohne aktiv gelebte Menschenrechte kann auch keine Demokratie existieren.
Die Menschenrechte zu erarbeiten und gegen meist adlige oder religiöse Machthaber zu erstreiten hat überall in der Welt nicht nur Mühe, sondern auch viel Blut gekostet. Unzählige mutige Menschen — unabhängig von Alter, Geschlecht, Hautfarbe, Religion, Geburtsort oder Vermögen — haben über hunderte von Jahren hinweg dafür ihr Leben geben, dass die kleinen und grossen Gemeinschaften der Welt einen gemeinsamen Nenner finden mögen: eine Sammlung von unabdingbaren Rechten und Grundsätzen, die dem Wesen «Mensch» überhaupt erst eine lebenswürdige Basis bieten. Menschenrechte sind ein Erfolgsmodell. Sind sie in einem Land wirksam, geht es jenen BewohnerInnen besser.
Als Atheistin habe ich kein heiliges Buch, für das ich in den Krieg ziehen würde, für das ich töten oder meine Tötung in Kauf nehmen würde. Kein einzelner Prophet oder Guru, keine Religion, keine politische Partei, nicht einmal eine Kulturströmung vermag mich in diesem Sinne so unabdingbar für sich einzunehmen. Aber als Humanistin empfinde ich Angriffe auf die Menschenrechtskonvention als Angriff gegen die Menschheit und Menschlichkeit an sich. Habe ich schon erwähnt, dass Menschenrechte und Demokratie eine untrennbare Einheit bilden? Das eine gibt es nicht ohne das andere.
Wer die Menschenrechte angreift, greift die Gemeinschaft aller Menschen an. Und damit auch mich. Man darf von mir aus über die klassischen Exponenten der Atheisten-Szene herziehen, Richard Dawkins schlechtreden, man darf sich auch über Michael Schmidt-Salomon aufregen, man darf egal welchen interessanten Menschen beleidigen oder seine Werke schmälern, man darf sogar komplett verblödete politische Initiativen lancieren, die mich ohne Ende fluchen und fremdschämen lassen. Der Peinlichkeits- und Stimmvolk-Hassfaktor bei so etwas dämlichem wie der Masseneinwanderungs‑, Verwahrungs‑, Minarett- oder Ecopop-Initiative war nicht zu unterschätzen. Aber nichts von alledem hat mich jemals dazu veranlasst, darüber nachzudenken, wofür ich sterben oder gar töten würde.
Bis jetzt. Menschenrechte als Fundament von Demokratie sind parteiunabhängig. Sollte es darum gehen, die Menschenrechte zu verteidigen, müsste ich wohl Michael Schmidt-Salomon bei seinen Zehn Angeboten des evolutionären Humanismus recht geben. Für die Wahrung dieser durch unzählige andere, teils namenlose Menschen erkämpften Errungenschaften würde ich wohl meinen neuzeitlichen Wunsch, weder zu sterben noch zu töten vorübergehend aufgeben.
Insofern hat der (derzeit noch) amtierende Bundesrat Ueli Maurer mir (und eigentlich allen in diesem Land) den Krieg erklärt. Die Menschenrechtskonvention, die Wahrung der Menschenrechte, die wichtigsten und nützlichsten ethischen Errungenschaften der Menschheit überhaupt — wenn diese auf dem Spiel stehen, dann werde ich mir sogar als Stadtzürcherin eine Mistgabel zulegen.
Zumindest dieses Jahr lautet das Thema der Veranstaltung der Zürcher FreidenkerInnen zum Menschenrechtstag noch so: «Von Kobane bis Kairo — die Menschenrechtslage im Nahen Osten». Die Infos dazu sind hier: http://menschenrechtstag.ch. Ich hoffe inständig, dass ich als Vorstandsmitglied der Zürcher FreidenkerInnen niemals eine Veranstaltung zur «Lage der Menschenrechte in der Schweiz» mitorganisieren muss.